Am Mittwoch, den 11. März, hatten wir uns sehr darauf gefreut, die Türen des Colabors wieder für Euch zu öffnen, um gemeinsam mit Euch über verschiedene Jobmöglichkeiten im Bereich Klimaschutz zu diskutieren.
Dazu kam es leider nicht: Aufgrund der Empfehlungen der Stadt Köln hinsichtlich des Umgangs mit dem Corona-Virus haben wir die Veranstaltung dann virtuell gemacht. Den Live-Stream ‘Jobs im Klimaschutz’ findet Ihr auf unserem Facebook-Kanal.
Wir bedanken uns nochmal für Euer Verständnis und vielen Dank an dieser Stelle auch nochmal an alle Redner*innen dafür, uns einen Einblick in Ihre Arbeit zu geben.
Danke auch an Bunte Burger für das leckere vegane Bio-Catering und an Timo Schumacher für die tollen Fotos.
Gemeinsam haben wir verschiedene Berufsbilder darauf untersucht, wie sich ihn ihnen ein Beitrag zum Klimaschutz realisieren lässt. Los ging es mit zwei “Fallstudien”, Naturstrom und Wertsicht, bevor wir die Entwicklung in verschiedenen Tätigkeitsfeldern, wie Bildung, Organisationsentwicklung etc., diskutiert haben.
Naturstrom: Erneuerbare Energien für Klimaschutz
Los ging es mit Naturstrom – und darüber, wie mit der Energiewende Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt und Arbeitsplätze geschaffen werden.
Armin Weische arbeitet bei Naturstrom und hat als erster Redner die Impulsvorträge des Abends eröffnet. Er kommt ursprünglich aus dem Einzelhandel, konnte sich durch sein Verkaufstalent gut im Vertrieb bei Naturstrom einbringen und arbeitet nun fast seit 10 Jahren im Bereich erneuerbare Energien:
“Ich bin also schon seit 2011 Vollzeit4Future tätig”.
Die Vision der Energiezukunft von Naturstrom beschreibt er wie folgt:
“Wir wollen die Energieversorgung dezentral gestalten und nicht als neuer Oligopolist wie RWE oder E.ON ablösen”.
Naturstrom wurde 1998 mit dem Ziel gegründet, in Deutschland die dezentrale und bürgernahe Energiewende zu verwirklichen. Das Unternehmen betreibt damit seit über 20 Jahren aktiven Klimaschutz, indem es Solaranlagen, Windparks und Mieterstromanlagen baut und will nun auch im Bereich E-Mobilit die Verkehrswende vorantreiben. Damit soll eine demokratischere und gerechtere Energieversorgung in Deutschland durch Bürgerbeteiligung entstehen, letztendlich möchte Naturstrom die Energieversorgung in Hände der Bürger geben. Armin berichtete außerdem, dass Mieterstrom bei Naturstrom momentan ein aktuelles Thema sei, als Möglichkeit der Autonomie nicht nur für Eigentümer sondern auch für Mieter.
Um ins Team bei Naturstrom zu passen, zählten nicht nur fachliche Kompetenzen sondern vor allem Persönlichkeit und ein passender Mindset. Auch mit einem “Bachelor Erziehungswissenschaften” könnte man einsteigen – es hinge dann aber von der Berufserfahrung ab, wusste Daniel Konopka (1. Foto links, 2. Foto Mitte) zu berichten. Er ist Ansprechpartner für Recruiting, Personal und Marketing bei Naturstrom. Die Unternehmenskultur sei sehr bunt, offen, authentisch aber auch kritisch, wodurch die Arbeit bei Naturstrom sehr spannend ist und vor allem: Spaß macht. Dem Management liege viel daran, Verantwortung auf die Mitarbeitenden zu übertragen, die dadurch viele Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten haben. Um bei Naturstrom einzusteigen gebe es viele Möglichkeiten, nötige Qualifikationen seien z.B. ein kaufmännischer, wirtschaftswissenschaftlicher oder technischer Background.
Bei Naturstrom geht es übrigens nicht nur um Ökostrom, sondern auch um nachhaltige Wärmeversorgung und E-Mobilität. Die Unternehmenszentrale befindet sich in Düsseldorf und es gibt weitere, dezentral organisierte Standorte in Deutschland, auch in Köln.
Wertsicht: Beratung für Klimaschutz
Um Unternehmen und Projekte umweltfreundlich zu gestalten, braucht es manchmal professionelle Unterstützung.
André Möller ist Mitinhaber und Geschäftsführer bei Wertsicht, einer Beratungsagentur für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Er findet:
“Es reicht nicht, wenn wir privat umweltfreundlich zu leben. Es ist gut, es muss sein, aber es reicht nicht. Wir sehen unseren Anspruch deshalb darin, in Kommunen und Unternehmen Klimaschutz zum Alltag werden zu lassen.”
Das Team von Wertsicht will deshalb die nachhaltige Entwicklung von Kommunen, Unternehmen und Organisationen vorantreiben:
“Klimaschutz und die Bekämpfung des Klimawandels ist nicht ohne einen Wandel in den Köpfen, und damit in den Organisationen, möglich. Wir alle müssen uns ändern, d.h. auch die Industriebetriebe, auch die Verwaltung, die Stadtverwaltung zum Beispiel muss sich ändern – organisatorisch, aber auch im Mindset. Dafür sucht Wertsicht laufend Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Ideen einbringen, in Diskussion kommen und nachhaken wollen.”
Mit diesem Ziel entwickeln sie Projekte und bieten Beratungs- und Coaching-Leistungen an – und dies sowohl strategisch als auch operativ, in dem Sie zum Beispiel Profile von Abfallmengen erstellen, auswerten und Optimierungs-Optionen vorschlagen.
Unter Umständen kann man als Berater*in dabei in moralische Dilemmas kommen. So berichtete André von der Herausforderung, beispielsweise ein Motorsport-Event, dass an sich bestimmt nicht klimafreundlich ist, nachhaltig zu gestalten. Bei jedem Projekt fragt sich Wersticht: Wollen wir das annehmen? Hierfür brauche es ein dickes Fell, gute Ideen und ggf. den Gedanken: ‘Vielleicht können wir eine Veranstaltung nicht abschaffen, aber wir wollen etwas verbessern.’
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind in der Unternehmenskultur von Wertsicht stark verankert. Die Umwelt wollen sie so gut es geht schützen. Das zeigt sich auch beim Thema Mobilität: Fuß- und Radverkehr stehen oben, das Unternehmen nutzt Carsharing und Elektromobilität. Geflogen wird nur in absoluten Ausnahmefällen. Und die privaten Bedürfnisse der Mitarbeiter werden, trotz Beratungstätigkeit, bestmöglich berücksichtigt. Wenn möglich, sollen alle ihr Feierabend zuhause verbringen können.
Wer bei Wertsicht arbeiten möchte, muss gerne mit Menschen arbeiten. “Wir haben keine Back-Office Jobs”. Und: Wertsicht sucht Überzeugungstäter*innen an seinen Standorten in Köln, Düsseldorf und Aachen.
Wenn Ihr Euch fragt, was man mitbringen muss, um einzusteigen: Die Mitarbeiter von Wertsicht haben Fachwissen aus diversen Studiengänge wie zum Beispiel technischen Studiengänge, Geographie, Sozialwissenschaften und BWL.
Anja Lenze: Kommunikations- & Organisationsentwicklung für Klimaschutz
Damit Klimaschutz in Unternehmen gelebt werden kann, muss sich in den Köpfen etwas verändern.
Anja Lenze hat über viele Jahre in der Energiewirtschaft gearbeitet. Als gelernte Ingeneurin hat sie sich berufsbegleitend weitergebildet und sich mit Lenze Consult selbstständig gemacht. Jetzt arbeitet sie als systemische Organisationsberaterin und Coach mit den Themenschwerpunkten Team- und Unternehmenskultur sowie gelebte Nachhaltigkeit in Organisationen.
Im Interview erklärte Anja, wie die Arbeit einer Organisationsberaterin aussieht. Die Tätigkeit sei eine “Mischung aus Strategieberatung, Organisationskultur-Themen und operative Umsetzung von Strategien und die Begleitung von Transformationsprozessen.”
Wenn ein Unternehmen beispielsweise Dekarbonisieren wolle, gehöre dazu zum einen die Formulierung der Ziele und eine entsprechende Strategie-Entwicklung. Die Umsetzung finge aber in den Köpfen an, in denen der Chefs und auch der Mitarbeiter. Es brauche Veränderung im Mindset der Menschen und der Prozesse im Unternehmen:
“Die Veränderung im Mindset machen vielen Unternehmen nicht und deshalb scheitern viele Transformations-Projekte. Darum sehe ich erfolgreichen Klimaschutz ein Stück weit auch darin, die Menschen mit ins Boot zu holen.”
Zum einen müsse die Haltung und das Wollen von Oben, zum anderen aber Mitarbeiter eingebunden werden, da diese den Großteil der Kreativität und Mitgestaltung leisten. Diesen Prozess gelte es zu begleiten.
Und um das im großen Maßstab zu erreichen, braucht es Vorreiter. Anja berichtete, dass Microsoft zum Beispiel ein Video veröffentlicht hat, indem sie erklären, wie sie ihr Vorhaben zu Dekarbonieren realisieren wollen.
Anja ist außerdem Mitglied bei Sustainable Natives, einer genossenschaftlichen Beratungsfirma für Nachhaltigkeit. Dort bündeln Freelancer verschiedener Fachbereiche ihr Kompetenzen.
Ihr abschließender Tipp ist: Vernetzung!
Barbara Hemkes: Bildung für Klimaschutz
Um Menschen für Klimaschutz zu begeistern und zu befähigen, braucht es: Bildung.
Barbara Hemkes leitet beim Bundesinstitut für Berufsbildung den Arbeitsbereich “Innovative Weiterbildung, Durchlässigkeit und Modellversuche”. Das Bundesinstitut ist Behörde einerseits, aber auch wissenschaftliches Institut und Kompetenzzentrum für berufliche Bildung. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der beruflichen Bildung für nachhaltige Entwicklung. Unter anderem arbeitet sie an Projekten, Nachhaltigkeit in bestehende Ausbildungsprogramme zu integrieren:
“Wir wollen das natürlich in Lehrpläne reinkriegen – und zwar als Querschnittsthema und nicht on top!”
Klimaschutz dabei als Thema zu integrieren ist nicht einfach – geht es doch in der beruflichen Bildung zuerst einmal um Standardisierung: Wer eine*n Außenhandelskaufmann / -frau anstellt soll sich darauf verlassen können, dass diese*r bestimmte Dinge kann. Deswegen ist die schulische Bildung in dem Bereich schwerfällig. Einfacher geht es in den Betrieben: Hier wird, mit dem allgemeinen Wandel Richtung Klimaschutz, Elektromobilität oder Energieeffizienz heute schon in die Arbeit und damit auch in die Ausbildung integriert:
“Je mehr wir es in der Praxis in den Unternehmen haben, desto eher kriegen wir das auch in die Regularien: In jedem Beruf können wir einen Beitrag zu Klimaschutz leisten. Es gibt nicht DIE Klimaschutz-Berufe.”
Eine Option, Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Schüler*innen erfahrbar zu machen seien dabei sogenannte Lernortkooperationen zwischen Betrieben und (Berufs)Schulen.
Gefragt nach Bildung in Klimaschutz-Startups macht Barbara den Vorschlag, auch dort mit geregelter beruflicher Bildung Nachwuchs und Kompetenz zu entwickeln – denn je mehr Startups im Bereich Klimaschutz geregelt ausbilden, desto mehr ändere sich das, was wir als beruflichen Alltag betrachten.
Eine andere Frage bezog sich auf neue Berufsbilder – wie den “Sharing Mobiliy Manager”. Hier wies sie hin auf den Unterschied zwischen Beruf bzw. Ausbildung hin, die eine weithin anerkannte Qualifizierung repräsentieren, und spezifischen Jobs und Tätigkeiten in der Praxis. Erst wenn sich ein Job wirklich weit verbreite sei es sinnvoll, auch Ausbildungsgänge zu schaffen.
Eine letzte Frage bezog sich darauf, wie “Bildung für nachhaltige Entwicklung” in der Praxis berücksichtigt wird. Neben Digitalisierung als großer gesellschaftlicher Transformationsprozess, sei auch Nachhaltigkeit, Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung im Allgemeinen immer mehr Thema, das es zu integrieren gilt, da ist sie sich sicher:
Rolf Albach: Kreislaufwirtschaft für Klimaschutz
Als letzter Redner berichtete Rolf Albach von seinen Erfahrungen, als Chemiker im Klimaschutz zu arbeiteten.
Denn damit Prozesse und Produkte klimafreundlich gestaltet werden können, braucht es entsprechendes Fachwissen – auch im naturwissenschaftlich-technischen Bereich.
Dr. Rolf Albach hat Chemie und Business Administration studiert. Heute arbeitet in der Industrie, bei Covestro. Er ist Fachmann für Abfall- und Kreislaufwirtschaft und engagiert sich für Umweltpolitik. Außerdem unterstützt er die Solar Impulse als Experte dabei, 1000 Lösungen zu finden, die die Umwelt schützen und dabei auch profitabel sind.
Ein Kernpunkt seines Beitrags war der Aspekt der Wirtschaftlichkeit – und der Notwendigkeit, auch als Chemiker betriebswirtschaftliche Anforderungen zu kennen und Produktinnovationen entsprechend zu prüfen und zu gestalten. Beispielsweise sei Covestro, wie alle energieintensiven Industrie-Unternehmen schon Lange dabei, Kosten, inklusive CO2, zu sparen und dafür werden auch heute noch laufend Prozesse optimiert.
“Wie können wir durch Produkte Klimaschutz befördern?” Diese Frage stellt sich Rolf bei seiner Arbeit oft. Nachhaltigkeit sei dabei mehr als nur Klimaschutz, wie man auch in den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen sieht. Wenn er bei Covestro ein neues Produkt entwickelt, so richtet er sich dabei nach Kriterien “People, Planet, Profit”, in dieser Reihenfolge. Kreislaufwirtschaft, Recycling, Wiederverwertung von Materialen sind zudem Teil des Nachhaltigkeitsverständnis von Covestro “aber bis jetzt nicht Teil von Klimaschutz in der Regierung”.
Ein Hinweis zum Kompetenzaufbau für diejenigen, die sich für eine Karriere in diesem Bereich interessieren: Neben chemischen Fachwissen brauche es vor allem auch soziale Kompetenzen wie die Fähigkeit, in unterschiedlichen Teams zu arbeiten, wenn es um die Abstimmung knapper Ressourcen gehe. Und genug wirtschaftliche Kompetenz, um mit den Kaufleuten im Team die gleiche Sprache sprechen zu können.
Job-Tipps aus den Kommentaren zum Live-Stream
Für die Mobilitätswende: JobRad macht aus Fahrrädern und E-Bikes Diensträder – und hat zahlreiche aktuelle Stellenangebote.
Und auch bei Cambio Carsharing gibt es momentan offene Stellen.
Vollzeit4Future Canvas
Ale Abschluss ging es dann um den Vollzeit4Future Canvas den wir nach dem Kick-Off erarbeitet haben. Er ist angelehnt an den Business Modell Canvas und bietet eine systematische Basis um zu schauen, wie eine ‘Karriere im Klimaschutz’ in einem Fachgebiet oder einem Unternehmen aussehen kann.
Ihr findet den Canvas hier, wir freuen uns auf Feedback:
Vollzeit4Future-Canvas (Version 0.2)
Das Projekt “Karriere im Klimaschutz”
Die Veranstaltungsreihe “Vollzeit4Future – Karriere im Klimaschutz” ist Teil des Programms SmartCity Cologne GO, gefördert durch die Klimaschutzstelle der Stadt Köln.
Zur Vernetzung für alle, die sich für eine Karriere im Klimaschutz interessieren oder bereits im Klimaschutz arbeiten, haben wir eine Facebook Gruppe erstellt, die ihr gerne zum gemeinsamen Austausch nutzen könnt.